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Was hat Mathematik mit dem Geburtstag unserer Kinder zu tun?

Jane_Töllner



Was hat die Mathematik-Formel eines alten weißen Mannes von 1812 mit der sogenannten termingerechten Geburt zu tun? Lasse Dir das einmal gemütlich auf der Zunge zergehen: Wann die Geburt Deines Kindes als "normal" gilt, wird mithilfe einer mathematischen Formel bestimmt. Wie kann etwas so Individuelles und Natürliches in eine starre Form gepresst werden? Mir geht das nicht in den Kopf. Aber vor allem emfinde ich es als beschränkte Vorgehensweise, eine Methode zu benutzen, die seit sage und schreibe 200 Jahren nicht mehr überdacht geschweige denn überarbeitet wurde.


Das Prinzip des errechneten Termins wird seit etwa 200 Jahren angewandt und soll vom Heidelberger Gynäkologen Franz Naegele entwickelt worden sein.

Die Naegele Regel lautet (bei einem Zyklus von 28 Tagen):

erster Tag der letzten Blutung + 7 Tage - 3 Monate + 1 Jahr


Nichts gegen seine hübsche Faustformel, aber sie lässt einige völlig normale Abweichungen außer Acht, welche die hohe Mathematik von Herrn Naegele schließlich ad absurdum führen:


- Nicht alle Frauen haben einen Zyklus von 28 Tagen.


- Nicht alle Frauen sind 40 Wochen lang schwanger. Durch den ET wird aber ein absoluter Fixpunkt seitens der Geburtshilfe gesetzt. Alles, was rechts und links davon liegt, wird pathologisiert und besonders Frauen, die über den ET gehen, werden zu unnötigen Einleitungen gedrängt. Manche Babys entscheiden sich vor dem Termin und manche eben nach dem Termin zu kommen. Der ET ist irrelevant.


- Die Regel geht davon aus, dass der Eisprung genau am 14. Tag eines 28-tägigen Zyklus stattfindet, was bei den meisten Frauen nicht der Fall ist.


- Viele Frauen erinnern sich nicht an die genauen Daten ihres Zyklus.


- Die Regel berücksichtigt nicht, dass einige Embryonen länger brauchen, um sich in der Gebärmutterwand einzunisten, was die Schwangerschaft verlängert.


- Zwischenblutungen und Einnistungsblutungen können mit einer leichten Menstruation verwechselt werden.


Dafür dass nur 3-4% der Babys tatsächlich an dem errechneten Termin zur Welt kommen, grenzt die Wahrhaftigkeit der Naegele Regel an ein Märchen. Frauen, die aus dem Toleranzspektrum von drei Wochen vor und zwei Wochen nach ET fallen, bringt der ET in künstliche Schwierigkeiten. Der ET ist eine Intervention, um die Geburt einer schwangeren Frau zu managen und zu kontrollieren. Er sagt weder etwas über den Gesundheitszustand von Mutter und Kind zur Geburt aus noch über einen potenziellen Verlauf der Geburt.


Abschließend mag ich Dir noch einen Auszug aus dem Wikipedia Artikel über Franz Naegele ans Herz legen, um Dir einen noch besseren Eindruck von der Kompetenz des Mannes zu verschaffen, dem wir zum Teil unser Geburtsschicksal verdanken.


"Franz Karl Naegeles Vater war Joseph Naegele (1741–1813), ein kurpfalzisch-bayerischer Stabschirurg und Lehrer der Anatomie und Chirurgie an der militärärztlichen Schule in Düsseldorf. Seine Mutter war dessen Ehefrau Magdalena Winter († 1807).

Franz Naegele wurde nach seinem Medizinstudium in Straßburg und Freiburg/Brsg. mit anschließender Promotion 1805 in Bamberg zunächst praktischer Arzt in Barmen, Elberfeld und Beyenburg. Hier interessierte er sich vor allem für die soziale Frage und die Armenpflege. 1807 wurde er außerordentlicher und 1810 ordentlicher Professor der Geburtshilfe in Heidelberg. Im selben Jahr übernahm er den Unterricht für die Hebammen im Neckarkreis. 1813 wurde er mit dem offiziellen Titel des Oberhebearztes des Neckar-, Main- und Tauberkreises bedacht. Im Jahr 1838 übergab er diese Funktion an seinen Sohn Franz Josef Naegele.

Auf ihn geht die Naegele-Regel zur Errechnung des Geburtstermins zurück, eine Form der Beckendeformität, das schräg verengte Becken, das das Gebären auf natürlichem Weg erschwert, trägt seinen Namen, der vordere Asynklitismus wird im Deutschen auch Naegele-Obliquität genannt.

Nägele sprach sich dafür aus, unkomplizierte Entbindungen den Hebammen zu überlassen und nur im Notfall operativ einzugreifen. Dafür entwickelte er die »Naegel'sche Zange«. Er führte auch Phantomübungen als tägliches Übungsprogramm für Hebammenschülerinnen und Medizinstudierende ein.

Naegele war Mitherausgeber der von Heidelberger Universitätsprofessoren herausgegebenen medizinischen Fachzeitschrift Heidelberger klinische Annalen (ab 1835 Heidelberger medicinische Annalen)."

 
 
 

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